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Die 3P für Lean Project Management

Ein Leitmotiv zur Gestaltung erfolgreicher Projekte

Lean Project Management (Lean PM) bezeichnet ein Denkmodell und einen methodischen Rahmen, mit dem die Durchführung und das Management von Projekten wertschöpfend und effizient gelingen kann. Es ist ein verallgemeinernder Ansatz, der plangetriebenes (klassisches) und iterativ-inkrementelles (agiles) Vorgehen zulässt – „Plan & Control“ sowie „Inspect & Adapt“ werden kontextbezogen als führende Prinzipien gewählt.

 

 

„Lean Project Management bezeichnet die weitgehende Adaption von Lean Management-Prinzipien,
-Methoden und -Werkzeugen auf die Prozesse des Projektmanagements und die fachlich-fortschreitende Projektbearbeitung.“
[Hüsselmann/Leyendecker/Heymann, 2018: Lean PM]

 

Damit sind die grundlegenden Prinzipien des Lean PM klar: Vermeidung von Verschwendung, kundenorientierte Wertdefinition, Wertstromorientierung, Fluss-und Pull-Prinzip sowie Streben nach Perfektion. Hieraus abgeleitet wurden eine Vielzahl von Handlungsprinzipien und Methoden, die vielfach auch in Projekten sinnvoll zur Anwendung kommen sollten. Beispielhaft sei das Prinzip Gemba genannt, also das Beurteilen von Situationen und das Fällen von Entscheidungen direkt am Ort des Geschehens unter Einbeziehung der dort Handelnden (anstatt nur auf Basis eines geschriebenen Berichts).

 

 

Speziell mit Blick auf die erfolgreich-wertschöpfende, verschwendungsarme Gestaltung des PM ergibt sich aber darüber hinaus der Bedarf nach Formulierung prägnanter Grundsätze oder Prinzipien zur spezifischen Gestaltung des Managements in der Domäne von Projekten. Hier sind bereits einige Ansätze publiziert worden, die im Folgenden als Anregung fungiert haben, deren detaillierte Darlegung aber den Rahmen dieses Beitrags sprengen würden. Dazu gehören z.B. das Agile Manifest (2001), welches seinen Ursprung in der Software-Entwicklung hat, aber auch die 8 Prinzipien von Leach (2005), die 12 Prinzipien von Pautsch/Steininger (2014) oder die 5 Grundsätze von Erne (2019), die allesamt unter der Überschrift des Lean Project Managements entwickelt wurden. All diese Leitsätze sind als praktikable Hilfestellungen zur Durchführung von Projekten zu bewerten und orientieren sich mehr oder weniger direkt an den Grundprinzipien des Lean Managements.

 

 

Mit dem „3P“-Leitmotiv sollen diese Ansätze zusammenfassend ausgedrückt und nicht zuletzt durch die langjährige eigene Projekterfahrung sowie empirisch belegte Projekterfolgsfaktoren angereichert werden. [Hüsselmann, 2019: UPMF]

 

Partizipation – Pareto-Orientierung – Passung

Es ist daher das Bestreben, für die praktische Umsetzung von Lean PM ein prägnantes, die Projektpraxis begleitendes Leitmotiv zu verfassen. Die „3P“ des Lean Project Management werden wie folgt formuliert:

 

Diese „3P“ stehen zusammenfassend für eine Reihe von Gestaltungsprinzipien erfolgreichen Projektmanagements. Mit ihnen lässt sich ein hybrides Projektmanagement im Sinn des Lean-Gedankens gestalten. Modernes plangetriebenes und auch konsequent agiles Projektvorgehen lassen sich integrieren. Die drei Prinzipien dieses Leitmotivs werden im Folgenden kurz einführend beschrieben.

 

Partizipation

Das erste Prinzip fordert die umfassende Umsetzung des Gedankens, die Stakeholder des Projekts möglichst intensiv, vor allem aber kontinuierlich während der Projektdurchführung zu beteiligen. Als zentrale Stakeholder sind die Kunden des Projekts zu verstehen. Dazu gehören insbesondere die späteren Nutzer der Projektergebnisse sowie die Auftraggeber derselben.

 

Der Grundsatz des Lean Managements, nur Leistungen zu erarbeiten, für die es einen Kunden gibt, der einen Nutzen daraus zieht und der (potenziell) bereit ist, für diese Leistung zu bezahlen, kann nur zielgerichtet umgesetzt werden, wenn diese Kunden involviert werden. Auch zeigt die Erfahrung, dass Stakeholder, die zwar keine direkten Kunden sind, aber regulatorischen Einfluss haben (hier Ordnungsinstitutionen genannt) – etwa in dem sie Ergebnisse genehmigen müssen – frühzeitig eingebunden werden sollten, um deren Akzeptanz zu erhöhen. Als Beispiel sei hier das Mitwirkungsrecht eines Betriebsrats genannt.

 

Orientierung am Paretoprinzip

Das Paretoprinzip – häufig auch als 80-20-Regel bezeichnet −  besagt, dass das Aufwands-Nutzen-Verhältnis in einem bestimmten Leistungsbereich optimal ist. Mehr Leistung (Output), etwa eine maximierte Qualität, kann nur noch mit einem oftmals unverhältnismäßigen Mehraufwand erreicht werden. Die Faustformel besagt, dass mit 20% des Aufwands 80% des Ergebnisses erreicht werden kann.

 

Diese Erkenntnis sollte in Projekten wie in der Abbildung zu sehen in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden. Z.B. indem im Lastenheft die Anforderungen nach dem Schema „Must-Have“ vs. „Should-Have“ vs. „Nice-to-Have“ klassifiziert werden, um in der Realisierung eine optimales Aufwands-Nutzen-Verhältnis zu erzielen und flexibel-adaptiv zu bleiben. Auch sollte ein Over-Engineering sowie eine Überplanung vermieden werden, da es aufgrund der Dynamik eines Projektverlaufs leicht zu Verschwendung in diesen Bereichen kommen kann. Ein weiterer Aspekt ist eine rollierende, Top-Down-orientierte Planung des Projektablaufs, die in der strikten Ausgestaltung eines rein agilen Vorgehens ganz auf Details der übernächsten Phase verzichtet.

 

Passung

Das dritte übergeordnete Prinzip bezeichne ich im Analogschluss als Passung. Das Management und das Managementsystem müssen zu den spezifischen Rahmenbedingungen des Projekts passen.

 

Vielfach wird in Unternehmen das Projektmanagement nach Standards und Best Practices durchgeführt. Zum Beispiel gehört hierzu die IPMA Competence Baseline bzw. das Werk PM4 der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement. Dies und auch andere Konzepte lassen sich als Body of Knowledge klassifizieren, was den Anspruch eines umfassenden, die Domäne des Projektmanagements beschreibenden Kompendiums zum Ausdruck bringt. In der Anwendung erfordern diese PM-Rahmenwerke allerdings unbedingt eine unternehmens- und letztlich projektspezifische Adaption. Ansonsten wird Projektbürokratie schnell zu Bürokratismus ohne besonderen Mehrwert. Schlimmer noch: Unter Umständen werden die unter den Bedingungen des Projekts wirklich wichtigen Aspekte vernachlässigt oder leiden an fehlender Akzeptanz, zum Beispiel das Risikomanagement. [Hüsselmann/Dönges/Karpf, 2019: Adaption PM-System]

 

Aber auch der Management-Stil der Projektleitung muss sich den Persönlichkeitsmerkmalen der Teammitglieder anpassen … und nicht umgekehrt. Manche Mitarbeiter benötigen maximale Freiräume, um ihr Potenzial zu entfalten, andere bevorzugen klare Aufgabenstellungen und Anleitungen. Insofern wird hier dem Postulat einer prinzipiell reinen Selbstorganisation von Teams eine Absage erteilt und vielmehr ein situativer, wenn auch tendenziell delegativer Umgang mit dieser Fragestellung gefordert.

 

Vorläufiges Fazit

Die „3P des Lean PM“ sollen als Leitmotiv einen Beitrag liefern, mit dem Lean PM in der Praxis umgesetzt werden kann. Sie sollen nicht die allgemeinen Prinzipien des Lean Managements ersetzen, sondern verstehen sich als spezifische Ausgestaltung für Projekte und in diesem Sinne Hilfestellung für das Projektmanagement zur Erzielung von Wertschöpfung unter Vermeidung von Verschwendung. Grundsätzlich fassen die „3P“ die allgemein dokumentierten Erkenntnisse aus Forschung und Praxis zusammen, sind validiert und erprobt durch langjährige eigene Projekterfahrung. Sie haben natürlich nicht den Anspruch auf garantierten Projekterfolg, können aber hoffentlich einen Impuls zur besseren Erreichung dieses Ziels geben.

 

 

Helfen Ihnen die „3P des Lean PM“? Welche Leitsätze setzen Sie in Ihren Projekten ein? Ich freue mich über Ihre Rückmeldungen.

 

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