· 

Verschwendung in Projekten

Primäres Postulat des Lean Management ist nach Womack und Jones die Vermeidung von Verschwendung („Muda“) jeglicher Art im Unternehmen. Als Verschwendung sind allgemein alle Aktivitäten und Prozesse, die zwar Kosten verursachen, aber keinen Wert (für den Kunden) erzeugen zu bezeichnen. Dabei sind folgende Arten der Verschwendung grundsätzlich zu unterscheiden:

 

 

Prozess-bedingte Verschwendung:

 

Dazu gehören Aktivitäten, die nicht für den Prozesskunden direkt wertschöpfend sind, aber für die Durchführung des Leistungserstellungsprozesses (aktuell) notwendig. Beispiele sind Planungsaktivitäten oder Rüstvorgänge. Es gilt, diese auf das Notwendige zu minimieren bis hin zur möglicherweise vollständigen Eliminierung.

 

 

Geschäfts-bedingte Verschwendung:

 

Darunter werden (Sekundär-) Prozesse verstanden, die nicht unmittelbar wertschöpfend für den Kunden sind, aber für den Betrieb insgesamt notwendig. Beispiele sind Finanzierungsprozesse oder Personaladministration. Es gilt, diese hinsichtlich Effizienz und ggf. Elimination zu überprüfen.

 

 

Reine Verschwendung:

 

Weder direkt wertschöpfende noch die Wertschöpfung unterstützende oder ermöglichende Prozesse. Beispiele sind unnötige Papierflut oder Ausgaben. Diese sind unmittelbar zu eliminieren.

 

 

 

Im Bereich der Lean Production als der historischen Basis des Lean Management-Ansatzes wurden bereits von Taiichi Ohno 1985 die unter dem Akronym TIMWOOD bekannten sieben Ursachen von Verschwendung identifiziert:

 

 

 

 

Verschwendung im Produktionsprozess „TIMWOOD+“
Verschwendung im Produktionsprozess „TIMWOOD+“

Weitere Ursachen für Verschwendung sind im weiteren Verlauf identifiziert worden. Dazu gehören insbesondere: Umweltverschmutzung, Ungenutztes Mitarbeiterpotential sowie Wasser- & Energieverschwendung.

 

 

 

Unter dem Begriff Lean Administration haben bereits einige Autoren eine Übertragung der o.g. Ursachen und Arten von Verschwendung auf die (administrativen) Geschäftsprozesse des Unternehmens durchgeführt. Dabei wurde vielfach so vorgegangen, dass die bekannten Positionen des Lean Production auf die Administration interpretiert wurden, was teilweise zu einer etwas künstlichen und daher erklärungsbedürftigen Abbildung führte. Im Folgenden werden daher im Zuge des Bestrebens, entsprechende Aussagen für das Lean PM abzuleiten, zunächst einmal typische Verschwendungen im Projektwesen identifiziert.

 

 

 

Es lassen sich aus persönlichen Erfahrungswerten und Studien folgende Aspekte identifizieren:

 

  •  Unnötige Dokumentation … Dokumente, die niemand verwertet
  •  Unstrukturierte Kommunikation … Z.B. zu große Besprechungsrunden
  •  Überplanung … Projektplanung zu detailliert bzw. weit in die Zukunft
  •  Fehler … Produktion, Programmierung etc.
  •  Unangemessener Personaleinsatz … Wann wird wer effektiv benötigt?
  •  Unnötige personelle Wechsel … Fluktuation, Übergabe von Ergebnissen zur Weiterbearbeitung
  •  Überflüssige Rüst-/Einarbeitungszeiten … insbesondere aufgrund schädlichen Multi-Taskings
  •  Unnötige Ausdehnung von Arbeit (Parkinson’sches Gesetz) … Geplante Puffer im Detail werden auch genutzt, auch wenn sie ggf. nicht nötig wären
  •  Überspezifikation … Wie tief muss ein Fachkonzept gehen?
  •  Unnütze Anforderungen („Goldene Wasserhähne") … Z.B. bei der Definition des zu liefernden Gewerks, um „nichts zu vergessen“
  •  Überqualifikation … Leitet der Projektmanager das Projekt, oder administriert er es?
  •  Unnötige Datenverarbeitung … Speicherung, Erfassung, Transfer
  •  Ineffiziente Dienstreisen … Sind persönliche Meetings und der Einsatz von Kommunikationsmedien ausgewogen?
  •  Dokumentensuche … Z.B. keine definierte Ablagestruktur
  •  Doppelarbeit … Sind die Aufgaben klar und eindeutig verteilt?
  •  Verzögerte und/oder nicht umgesetzte Entscheidungen … verschleppen den Projektverlauf
  •  

 

 

 

Diese Ursachen für Verschwendungen fokussieren primär die administrativen und steuernden Prozesse des Projektmanagements. Je nach Projektart (z.B. bei Anlagenbauprojekten) kommen natürlich die bekannten Verschwendungsarten der Produktion (TIMWOOD etc.) ebenso zum Tragen.

 

Zusammenfassend lassen sich folgende projekttypische Cluster möglicher Verschwendung erkennen:

 

 

 Arbeitsorganisation & Zusammenarbeit

 

 IT-Einsatz und Datenhaltung

 

 Personaleinsatz

 

 Engineering und -Planung

 

 (Physische) Produktion

 

 Dokumentation

 

 

 

Es gilt also, im Projekt in den genannten Bereichen nach Ineffizienzen zu suchen. Dazu bieten sich hervorragend und prädestiniert Lessons Learned-Workshops bzw. Retrospektiven an. Die genannten typischen Verschwendungen können dabei als Checkliste dienen und die Klassifizierung nach prozess- oder geschäftsbedingter sowie reiner Verschwendung hilft, den Umgang mit den „Findings“ zu strukturieren.

 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0